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Enttäuschung und Unverständnis
Die aktuellen, in jeder Schule, in jedem Kindergarten unterschiedlich gehandhabten Öffnungen erfolgen nicht nach dem Grundprinzip der „verlässlichen Grundschule und Betreuung“ und nicht mit einem Blick auf "die Vereinbarkeit von Beruf und Familie". Seit ein paar Tagen kennen wir jetzt das Vorgehen unserer Schule für die Zeit bis zu den Schulferien. Alle 8 Tage 3,5h Präsenz im Klassenraum – 6 Termine für die Erstklässler. Wie die Schule für unseren Viertklässler aussieht, der eigentlich ab Montag wieder in die Schule darf, die Information ist heute, Freitag noch nicht bei uns. Das ist eine Ansage. Ich bin wütend. Ich fühle mich übergangen. Allein gelassen und maßlos enttäuscht. Das wir jetzt so im Stich gelassen werden von der Politik, von unserer Schule und den wenigen gesetzlichen Möglichkeiten, die Interpretationsfrage sind, das haben wir nicht gedacht. Wir hatten doch eigentlich Glück - wir haben zwei unserer 3 Kinder (9, 6, 2) in einer freien Schule, die gleich nach Ostern (nach 5 Wochen) ein gutes Digitalkonzept aufgesetzt hat und so Materialien und Wochenpläne regelmäßig verteilt wurden und ein Stundenplan mit Videocalls eingerichtet wurde. Das war so viel besser als in vielen anderen Schulen. Wir hofften auf kreative Interpretation der Corona-Hygiene-Regeln des Senats.
Perspektive - Fehlanzeige
Natürlich haben alle – die Lehrer, Eltern und auch Schüler bisher gut mitgemacht. Aber, und das ist ein großes ABER – wir sind nicht davon ausgegangen, dass das nach nunmehr 9 Wochen noch weitere 6 Wochen so weitergeht. Und auch nach diesen 6 Wochen ist ja kein Land in Sicht – dann kommen die 6 Wochen langen Sommerferien in denen eigentlich eine Hortbetreuung einen Großteil der Care-Arbeit stemmen würde, zu der es bisher keinen Kommentar der Schule oder der Politik gibt. Aber, um mal ganz realistisch zu sein, außer für die systemrelevanten Berufsgruppen und Alleinerziehende, die einen Notbetreuungsplatz bekommen haben, wird es wohl kaum eine Lösung geben. Und wie die Schule im Herbst dann aussieht, steht ja auch noch in den Sternen.
Lösungen sind unbefriedigend – und für Berufstätige nicht möglich
‚Zurück zur Schule‘ sieht für uns also so aus, dass sich nichts zu den vergangenen Wochen verändert, außer, dass wir zusätzlich koordinieren müssen an welchen Tagen welches Kind für ein paar Stunden zur Schule gebracht wird und geholt werden muss. Die Bärenaufgaben des Lernens mit den Aufgaben, die die Lehrer zur Verfügung stellen, die wird dann aber immer noch von uns Eltern gestemmt. Wir erklären – und zwar mit Ansage es nicht so zu erklären, wie wir es mal gelernt haben, sondern nach den Methoden, die jetzt in der Schule Anwendung finden. (Ja, was sind den Königsbuchstaben und verliebte Zahlen? Ein kleiner digitaler Einführungselternabend? Weit gefehlt. Muss man sich selbst schlau machen.) Die Situation wird also nicht besser, nein sie verschärft sich denn jetzt wird es auch keine Lohnfortzahlungen für angestellte Eltern geben, die keine Betreuung für ihre Kinder haben. Die Schulen und auch Kindergärten haben ja schließlich wieder auf.
Missachtung der Leistung der Eltern
Wir applaudieren den Menschen in Gesundheitsberufen, den Kassiererinnen, den Notbetreuern und Polizisten. Fair enough. Was die Politik und diverse Schulleitungen aber offensichtlich überhaupt nicht verstehen, ist, dass Home Schooling nur dann funktioniert, wenn Eltern gerade in den ersten beiden Klassenstufen mitspielen, die Schule priorisieren, unsere Arbeit und unsere persönlichen Bedürfnisse dem unterordnen und vor allem auch der Gefahr von den Mitschülern abgehängt zu werden und die Klassenstufe wiederholen zu müssen, unterstellen. Selbst für unseren Viertklässler würde ich sagen, dass wir zu 50% trotz toller Aufgabenstellungen und großer Bemühungen unserer Lehrerinnen, unterstützen müssen. Wir nörgeln nicht herum, auch wenn das in den Elternforen immer wieder so kommentiert wird oder von gut erzogenen Kindern gesprochen wird, die das alles selbst können. Seinem gesunden Menschenverstand folgend, funktioniert das natürlich so nicht.
Schulpflicht auf dem Rücken der Eltern ausgetragen
Schon gar nicht mit viel Druck neben dem Home-Schooling tatsächlich noch etwas berufliches zu schaffen. Wir beschweren uns nicht, dass sich die Fachlehrer auch untereinander abstimmen könnten, was Platzierung der Materialien oder den Instruktionen für die Woche angeht, auch nutzen wir brav jede App oder die verschiedenen Medien die gefordert werden und überlassen unsere Computer den Kindern um in Kontakt zu treten und Online-Schule möglich zu machen. Auch scannen wir die erledigten Aufgaben ein um dann die einzelnen Aufgaben im Wust von Google Classroom oder anderen Digitalen Plattformen zu suchen und hochzuladen. Wir machen es. Viele tausende Eltern. Die Erwartungshaltung ist klar, schließlich besteht Schulpflicht. Schulpflicht auf dem Rücken der Eltern ausgetragen. In der akuten Notsituation geht man an seine Grenzen und darüber hinaus aber jetzt, wo weiterhin Betreuung, Abläufe und Stoffvermittlung auf uns abgeschoben werden und das dann trotzdem „Wiedereröffnung der Schulen und Kindergärten“ genannt wird, dann das ein Tiefschlag und die maximale Missachtung der Leistung jeder Mutter und jeden Vaters.
Der Leidensdruck ist enorm und wächst, kein Ende in Sicht
Ich sitze mit unserer Erstklässlerin täglich mit vielen Unterbrechungen und Pausen zwischen 9 und 16Uhr an Schulaufgaben. Das ist ein Vollzeitjob, da eben gerade in der ersten Klasse das Lesen, Schreiben, Verstehen von Aufgabenstellungen erst gelernt wird. Aber auch das „sich konzentriert an ein Thema setzen“ und dieses bis zu Ende machen, braucht Übung und viel Motivation, Zuspruch und das ermunternde Nicken der Lehrer ähhhh Eltern. Neben diesem Job, und nein, Homeoffice nebenher kann man nicht machen, weil man mit einem halben Ohr immer zuhören muss oder sowieso nach 3 Minuten unterbrochen wird und so niemand etwas Vernünftiges zustande bringt. Komplizierend kommt hinzu, dass wir aber nicht nur 1 sondern drei Kinder haben. Das war selbstgewählt, richtig! Aber wir müssen beide arbeiten um unseren Lebensunterhalt zu verdienen sonst sieht die Zukunft der Kinder ja auch nicht besser aus. Es wäre so wichtig mal einen Moment Ruhe zu haben. Aber ein zweijähriger will beschäftigt werden und soll die Schulkinder nicht stören, wenn sie lernen sollen und so muss der andere Elternteil ran.
Und wenn man abends einen kurzen Moment der erschöpften Ruhe hat, bevor man sich selbst zum Arbeitstag Nummer 2 motiviert – denn eigentlich ist man ziemlich erledigt, dann fragt man sich und in unserem Fall auch die Schule, warum mit uns nicht ordentlich kommuniziert wird. Warum dürfen in Bayern Klassen halbiert werden während der Berliner Hygieneplan nur eine Drittelung erlaubt – mit acht oder zehn Schülern pro Raum. Warum geben die Vorgaben nicht mehr Präsens her? Zeit in der die Eltern arbeiten dürften um diese nicht in die Nacht schieben zu müssen oder gar nicht dazu zu kommen? Kommunikation dazu muss man sich erarbeiten oder aus den Medien erlesen.
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist nicht mehr leistbar
Jede Schule kocht ihr eigenes Süppchen, man hat Glück mit engagierten Schulleitungen, die die Aufgabe so viele Schüler zurück an die Schulen zu bringen wie nach den strengen Gesundheitsregeln möglich, sehr ernst nehmen, und so Eltern entlasten können oder eben nicht. Schulen machen Ansagen und selbst an Ganztagsschulen und Community Schulen bei denen junges Personal in keine Risikogruppe fällt, werden die existenziellen Fragen vieler Eltern patronisierend abgekanzelt oder einfach nicht beantwortet. Die wissen schon, was sie tun, ob es den Eltern passt oder nicht, ist völlig egal. Stimmt ja auch, wir Eltern, haben mal wieder gar nichts zu melden und sind maximal ausgeliefert und wenn wir jetzt nicht aufstehen und uns das weiter gefallen lassen, dann gibt es auch überhaupt keinen Grund sich zu beschweren, dass Familien keine Lobby haben. Es fühlt sich an als seien wir Eltern nur höchst nerviger Ballast, der leider mit den Schülern unvermeidbar ist - und da ja wirklich genügend Andrang besteht, muss man sich als Schule auch nicht bemühen.
Schockstarre und die fehlende Kraft zu kämpfen
In der Krise sind die ersten Gebote: Kommunikation. Transparenz. Vertrauen. Wie soll das gut gehen, wenn man als Eltern nicht ernst genommen wird, gar wie aufmüpfige Schulkinder behandelt wird, denen nur ein paar Informationsbrocken vorgeworfen werden die sie essen können oder es lassen. Im Notfall wirkt sich zu viel Kritik auch nicht positiv auf das Kind aus, wenn es denn dann irgendwann wieder zurück in die Schule darf. Das macht das alles so unglaublich hart und schmerzhaft. Und bei so viel Gegenwind, so wenig Verständnis, da wird man sprachlos, da erstarrt man und weiß, dass es keinen Sinn hat, irgendeine Energie fürs Kämpfen aufzubringen, denn man braucht jeden Tropfen dafür, dass die momentane Familiensituation die schon vor Corona mit der heißen Nadel zusammengestrickt ist, weiterhin funktioniert.
Ich frage mich also jetzt, wenn wir nur die Pflichten übernehmen müssen, einspringen, zurückstecken, dabei jedoch keinerlei Rechte, in Bezug auf Information, Rücksprache oder Entscheidungen erwerben – missachtet, nicht berücksichtig und ignoriert werden, dann haben wir nicht nur keine Lobby, wir werden in unserem Staat, von den Politikern, Ministern und leider auch Schulen, diskriminiert.
Ulli Dittgen-Noweski, wohnhaft in Berlin, 3-fach Mutter & Gründerin der Learn or Lose GmbH
Homeschooling war bis „vor Corona“ ja sogar gesetzlich verboten... was soll man dazu sagen???
Und dann riskiert man ja auch noch die Quarantäne falls in der Schule der Hausmeister oder irgendwer sonst infiziert ist und entdeckt wird durch die tolle neue 3 stündige Schulpflicht... ob es das wert ist, bleibt sowieso fraglich...🤦🏻♀️